Über die Veranstaltung

Die Schnittmenge von (Politik-)Wissenschaft und Liberalismus verweist auf eine seit langem bestehende Wahlverwandtschaft zwischen zwei Logiken: dem scheinbar widersprüchlichen Bekenntnis der Disziplin zur Wertneutralität und dem Bekenntnis zum Wert der Bewahrung des Liberalismus. Die epistemischen Gemeinschaften - ihre Grundannahmen und oft wiederholten Begriffe - haben nicht nur liberale Werte als selbstverständlich vorausgesetzt, sondern auch die Komplizenschaft der Politikwissenschaft bei der Verbindung von Wissenschaft, Liberalismus und Imperialismus in der akademischen Forschung begründet.

Nachdem Lisa Wedeen diese Komplizenschaft im Jahr 2016 vorgestellt hat, unternimmt sie in ihrem Vortrag eine Neubewertung. Müssen sie in der heutigen Zeit des globalen Autoritarismus, des Raubtier-Kapitalismus, des konspirativen Denkens und der Bedrohung durch die Auslöschung des Planeten weiterhin in den Vordergrund gestellt werden und ihre Wirkung entfalten? Wie können wir die komplexen Formen der politischen Beurteilung durchdenken, die notwendig sind, um die Gegenwart zu theoretisieren, ohne präsentistisch zu sein? Müssen wir die Kritik an Liberalismus und Imperialismus in politischer und erkenntnistheoretischer Hinsicht neu formulieren?

Sprecher:innen

Lisa Wedeen, Mary R. Morton Professor of Political Science and the College and Co-Director of the Chicago Center for Contemporary Theory an der University of Chicago

Mohamed Amer Meziane, SCRIPTS Senior Fellow, Assistenzprofessor am Center for Middle East Studies, Brown University

Schirin Amir-Moazami, Professorin am Institut für Islamwissenschaft Freie Universität Berlin, SCRIPTS Principal Investigator

Andreas Eckert, Professor für die Geschichte Afrikas, Humboldt-Universität zu Berlin, SCRIPTS Principal Investigator

Anne Menzel, Politikwissenschaftlerin, Postdoctoral Researcher SCRIPTS, Coordinator Research Unit “Orders”

Besuchshinweise

Die Veranstaltung ist offen für die interessierte Öffentlichkeit. Bitte registrieren Sie sich bis Montag, den 7. November per Mail an: kel@scripts-berlin.eu.

Über "The Liberal Script in Critical Perspective"

Diese Veranstaltung findet im Rahmen der Reihe The Liberal Script in Critical Perspective statt - eine reflexive Auseinandersetzung mit der Kritik am Liberalismus. Ziel ist es nicht, den Liberalismus neu zu kalibrieren, um besser auf die globalen Herausforderungen reagieren zu können, sondern vielmehr über den Liberalismus selbst hinauszudenken. Angesichts der inhärenten Allgegenwart des Liberalismus und seiner Formen der Wissensproduktion kann dies eine kritische Auseinandersetzung mit liberalen Konzepten bedeuten, aber auch die Auseinandersetzung mit de- und postkolonialer Wissenschaft, die sich mit den Grenzen des Liberalismus auseinandergesetzt und Wissensarchive und -skripte jenseits des liberalen Skripts erschlossen hat.

SCRIPTS lädt regelmäßig internationale Wissenschaftler ein, die sich mit diesen Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Disziplinen befassen, und führt so eine ergebnisoffene Diskussion über die Grenzen, Kritiken und Alternativen zum liberalen Skript.